Monika Modersitzki

Interview: Gabriele Bach

Fotos: Gabriele Bach
Erstellt: 18.4.2020

Seit Monika Mitglied unserer Gruppe ist, bereichert sie unsere Ausstellungen mit vielen, fantasievollen und ungewöhnlichen Quilts.
Sie hat seit der Orientausstellung 2016 die Pressearbeit für die Gröbenzeller Quiltgruppe gemacht. Ihr Name steht unter fast jedem Artikel, der zu unserer Arbeit veröffentlicht wird.

Im November 2023 übernahm Monika den Vorsitz unserer Gruppe.

- Wann hast du angefangen zu nähen? Du hast mal erwähnt, dass deine Handarbeitslehrerin es sehr schwer mit dir hatte. Wo hast du es dann gelernt: bei deiner Mutter, trotzdem in der Schule, in Kursen oder hast du es dir selber beigebracht?

Der Einstieg war ein Kissenbezug aus Schürzenstoffen meiner Oma. Vorder- und Rückseite hatten nicht die gleiche Größe. Meine Mutter hat mir dann bei der Fertigstellung geholfen. Das hat mir gezeigt, dass das Nähen eine sehr zeitaufwendige Sache ist. Als Schulkind mit 8 Jahren hatte ich aber andere Interessen und so ruhte die Nähtätigkeit erst einmal. Als meine erste Tochter geboren war, brach plötzlich das Nähfieber aus. Das war Mitte der 1990er-Jahre. Mütter nähten Kinderkleidung, Faschingskostüme, Puppenkleider. Ich habe mir Schnittmuster gekauft und nach Anleitung genäht. Eine erste eigene Nähmaschine war dann natürlich fällig. Ich habe mir das Nähen also selber beigebracht. Von meiner Mutter konnte ich zu der Zeit nichts mehr lernen, denn ich war ja schon lange ausgezogen von zuhause. Eine Nähmaschine war natürlich im Haushalt meiner Eltern, aber meiner Mutter lag hauptsächlich das Sticken im Blut. Hieraus resultierte auch das Problem mit der Handarbeitslehrerin: Die Tochter sollte doch auch so schön sticken können wie ihre Mutter. Na ja - ich wollte doch nicht stillsitzen und mit der Nadel arbeiten. Meine Handarbeitslehrerin hat es auf eine sehr nette Art probiert, mich für das Sticken zu begeistern: Ich durfte am Nachmittag zu ihr kommen und bei Tee und Keksen ging es dann los. Damals hat mich das vermutlich eher abgehalten, weitere Nähprojekte zu starten. Im Rückblick denke ich aber trotzdem, es wurden mit diesen Stunden und mit den heute damit verbundenen guten Erinnerungen die Grundlagen gelegt.

- Wie bist du zum Patchwork gekommen?

Es sind die Farben, die mich fasziniert haben. Ich hatte vorher schon viel mit Farben zu tun, denn ich habe während meines Studiums in einer Papierwerkstatt Kleisterpapiere für Buchbinder hergestellt. Später habe ich diese Tätigkeit in Form eines eigenen „Eine-Frau-Betrieb“ weitergeführt. Mit der Geburt meiner zweiten Tochter konnte ich Aufträge nicht mehr ausführen, denn hatte ich vorher noch die Nassarbeiten irgendwie zwischen Haushalt, Studium und Kleinkind hingekriegt, war das mit dem zweiten Kind nicht mehr möglich. Und wir alle wissen ja: Patchwork, das kannst du notfalls auch jahrelang liegenlassen. Ausschlaggebend war dann aber wirklich das Buch „Patchwork: Meine Welt der Farben“ von Kaffe Fassett. Wow! Was für ein Name! Was für eine Farbexplosion bei seinen Quilts. Diese Frische und Möglichkeiten verband ich vorher nicht mit Patchwork. Wie bin ich also an das Buch gekommen? Eine Quilterin und Kursleiterin, der ein bisschen langweilig war, hatte es mir gegeben, nachdem ich ihr eine Absage erteilt hatte. Sie meinte: „Willst du nicht mal einen Patchworkkurs machen bei mir? Die Kinder können wir dabei haben.“ Und ich so: „Also, Patchwork ist nichts für mich.“ Nach der Lektüre des Buches sah es dann anders aus: „Patchwork? Klar, wann legen wir los?“ Das war 2001.

- Deine Quilts zeigen deutlich deinen künstlerischen Anspruch, wieso hast du Patchwork und Quilten als Medium gewählt?

Ich kann nicht zeichnen oder schnitzen, aber ich kann nähen und das Handwerkliche liegt in meiner Familie. Das Praktische: Ich habe genügend Stoffe sowie eine sehr gute Nähmaschine und Stoffe sind nicht so wasserempfindlich wie Papier. Und jetzt die Essenz: Die „Patina“, die von „in die Jahre gekommenen“ Stoffen ausgeht, ist edel und berührend. Die Haptik: Wenn man Stoffe in der Hand hält und mit ihnen arbeitet, ist das ein Wohlgefühl für die Finger, das sich auf den gesamten Körper und die Seele überträgt. Und: Ein Quilt hüllt dich unmittelbar ein, er wärmt und er umgibt dich mit Geschichten. Geschichten, die uns Quilts erzählen, sind hauptsächlich Geschichten von Frauen.

- Bevor du Mitglied unserer Quiltgruppe wurdest, hast du schon als Einzelkämpferin, d.h. ohne jeden Bezug zur Quiltszene Quilts genäht. Was hat dich daran fasziniert?

Es waren die unerschöpflichen Möglichkeiten, Farben und Formen zusammenzusetzen und zu einem Ganzen zu bringen. Ein Ganzes, das dem Auge schmeichelt. Zuerst habe ich mich an Vorlagen gehalten, um die Techniken, also das Handwerkliche, zu erlernen. Ich habe Quilts als Decken für die Familie genäht. Auch Freunde wurden bedacht und ich konnte einige Arbeiten eintauschen gegen Bilder. Wenn man Menschen mit einem Quilt Freude schenken kann, ist das eine große Bestätigung. Das geht auch im Alleingang.

- Als wir uns kennenlernten, hast du in einem sehr spannenden Projekt alte Stoffe vom Recyclinghof geholt, daraus Quilts genäht und diese dann auf dem Recyclinghof ausgestellt. War das dein erstes Projekt? Wie kamst du auf diese Idee? Erzähle ein bisschen vom Projekt.

Das „Recyclinghof-Projekt“ 2012/13 war mein erstes Projekt und es war eine sehr intensive Erfahrung für mich. Ich hatte vorher einige Patchworkkurse gemacht. In diesen Kursen nähte ich mit neuen Stoffen, was anfangs auch gut war, um einen Block exakter nähen zu können. Ich wollte mich dann aber wieder wegbewegen vom Überfluss und vom Konsum. Es war das Sich-Zurückbesinnen auf die Ursprünge des Quiltens. Ich wollte mit dem Material arbeiten, das mir zufällig unter die Hände kam. Ich war ein Jahr lang zur Wertstoffbörse gefahren und hatte für wenig Geld gebrauchte Textilien gekauft. Da war alles dabei: Bettwäsche, Tischwäsche, Hemden, Hosen, Gardinen. Diese Textilien verwendete ich, um Quilts zu nähen. Ich hatte vorweg keine Entwürfe für meine Quilts, ich ließ mich von dem inspirieren, was da war. Die Idee dahinter war also: soziales Engagement zu zeigen und Nachhaltigkeit zu leben. Zum 10-jährigen Jubiläum der Wertstoffbörse 2013 bekam ich die Erlaubnis vom Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Fürstenfeldbruck, meine Quilts aus den Textilien der Wertstoffbörse zu zeigen. Und bei dieser Gelegenheit haben wir uns kennengelernt.

- Welche anderen Projekte gibt es?

Ein anderes Projekt war 2016 das Nähen mit Flüchtlingen. Ich habe Asylbewerberinnen gezeigt, wie man Patchworkdecken näht. Einige Babydecken sind entstanden. Bei allen Projekten braucht es engagierte Menschen, die deine Idee teilen und dich bei der Durchführung unterstützen. Das Schöne ist, dass es solche Menschen gibt.
Ein sehr wichtiges Projekt war für mich die Erstellung der Broschüre: NOTZEIT-QUILTS: WORK IN PROGRESS. Anlässlich unserer 11. Quiltausstellung 2019 hatten wir auch historische Dokumente aus dem Archiv der Patchwork Gilde Deutschland e.V. bekommen. In den Unterlagen geht es um die Geschichte der „Notzeit-Quilts“. Bisher unveröffentlichte Forschungsergebnisse von Chrilla Wendt habe ich zusammengefasst. Hinzugefügt habe ich Fotos von CARE-Quilts, die in unserer Ausstellung 2019 zu sehen waren. Als ich die Dokumente durchsah, war ich beeindruckt von der enormen Arbeit, die von Chrilla Wendt über Jahre geleistet wurde. Ich wollte ihre Ergebnisse einem interessierten Publikum zugänglich machen. Ich arbeite gerade daran, dass die „CARE-Quilts“, die einige unserer Gruppenmitglieder haben, noch einmal ausgestellt werden. Gerade jetzt zeigt es sich wieder, wie wichtig das Nähen in Krisenzeiten sein kein. Charity-Nähen ist hoch aktuell.

- Du bist 2013 Mitglied in unserer Gruppe geworden; seitdem fertigst du zahlreiche Quilts für jede unserer Ausstellungen. Darüber hinaus investierst du viel Zeit, um unsere Pressearbeit zu machen, schreibst viele Beiträge für diese Webseite und übernimmst weitere Aufgaben. Was bedeutet dir die Mitgliedschaft in unserer Gruppe?

Ich fühle mich geehrt, als Mitglied dieser Gruppe mit meinen Quilts zu den Erfolgen der Ausstellungen beizutragen zu können. Die Gröbenzeller Quiltgruppe ist sehr erfolgreich. Sie findet internationale Beachtung und höchste Anerkennung. So ein guter Ruf wird ja nicht über Nacht aufgebaut. Da haben die Leiterin, die Mitglieder und teilweise auch ihre Familien sehr viel Zeit und Energie über Jahrzehnte investiert, um eine hervorragende Arbeit zu leisten. Es erfordert viel Engagement, eine Gruppe zusammenzuhalten, Ausstellungen zu planen und zu organisieren. Ich schätze die geleistete ehrenamtliche Arbeit und ich möchte, dass das Wissen und das Erreichte nicht verloren gehen. Deshalb übernehme ich gerne auch Aufgaben für die Gruppe. Die Mitglieder der Gruppe sind natürlich auch eine Inspirationsquelle für mich. Und inzwischen verbindet uns nicht nur das Quilten, sondern auch das Persönliche.

- Gibst du Kurse?

Ja, ich werde angefragt von Volkshochschulen im Landkreis Fürstenfeldbruck. In Gröbenzell habe ich schon einige Kindernähkurse gegeben. In Grund- und Mittelschulen leite ich im Rahmen der Ganztagsbetreuung Arbeitsgemeinschaften. Ein schönes Projekt war 2016 die Teilnahme am Landeswettbewerb „Erinnerungszeichen“. Mit einem textilen Scrapbook waren meine SchülerInnen der Mittelschule Gilching unter den Preisträgern.

- Kannst du einen Überblick über deine weiteren Ausstellungen geben?

2012 habe ich meine ersten Quilts im Garten einer Freundin gezeigt. 2013 konnte man die Quilts der Wertstoffbörse in einer Halle des großen Wertstoffhofes in Fürstenfeldbruck sehen. Im Mehrgenerationenhaus LiB in Fürstenfeldbruck hatte ich 2017 eine Ausstellung. 2018 wurde ich mit Arbeiten als Gast eingeladen zur Jubiläumsausstellung: 20 Jahre Pucher Farbkreis in der Sparkasse Fürstenfeldbruck. Im Rahmen der Kreiskulturtage 2019 hatte ich eine Gemeinschaftsausstellung mit Brigitte Haase, Rita Rieger-Blum und Bernhard Wisskirchen im Mehrgenerationenhaus LiB in Fürstenfeldbruck. Man kann dazu auf meiner Website einiges finden.

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- Beteiligst du dich an jurierten Ausstellungen?

Ich beteilige mich auch an Ausschreibungen für das Stickprojekt von Pascale Goldenberg. Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts zwischen afghanischen Stickerinnen und europäischen Textilkünstlerinnen wurden auch einige meiner Arbeiten in Wanderausstellungen in verschiedenen europäischen Ländern gezeigt.
Einige meiner Jahressampler wurden bzw. werden im Rahmen eines geschlossenen Wettbewerbs als Werbeträger für die Messe Textile Art Berlin verwendet.

- Du arbeitest auch mit anderen Künstlern zusammen, mit wem?

Momentan habe ich eine Zusammenarbeit mit Brigitte Haase. Ursprünglich kam sie auf mich zu, denn unsere Orientausstellung hatte sie zu einer Zusammenarbeit mit mir inspiriert. Nun sind es die Märchen. Wir haben uns gleiche Märchen vorgenommen. Sie interpretiert sie auf ihre Weise, mit Aquarell sowie Collagen, und ich mit Textilem. Geplant ist eine Ausstellung mit diesen Arbeiten im Oktober 2020.

- Welche Impulse bekommst du von anderen Künstlern?

Es ist spannend, mit anderen Künstlerinnen und Künstlern zusammen zu arbeiten, vor allem mit denjenigen, die das Textile nicht als ihr Medium verstehen. Ein großer Impuls besteht darin, eigene Räume zu verlassen, um in neue Räume einzutreten, um von dort auch wieder austreten zu können in andere Räume. Das bezieht sich auf das Künstlerische, aber natürlich auch auf das Menschliche. Ein konkretes Beispiel ist die Hängung. Eine gute Hängung ist wichtig für die Präsentation eines Quilts. Auch dazu finde ich neue Impulse und Möglichkeiten bei anderen Kunstschaffenden.