Text und Fotos: Gabriele Bach
Mein Werk „Ein Kaftan für den Sultan” war in den letzten 12 Monaten 4x ausgestellt, hier erzähle ich etwas über die Entstehungsgeschichte.
Vor gut 3 Jahren begann unsere Quiltgruppe zum Thema „Orient” zu arbeiten. U.a. haben wir zur Vorbereitung einen Vortrag im Museum „Fünf Kontinente” in München von Deniz Erduman-Çalış über die Kaftane des Topkapi Serails besucht.
Dort war es Brauch, die Kleidungsstücke der verstorbenen Sultane gut einzupacken und aufzuheben, so daß es eine umfangreiche Sammlung gibt. Diese Kaftane sind gut dokumentiert; in aufwendigen Bildbänden kann man die prächtigen Kleidungstücke bewundern.
So kostbar diese Kleidungsstücke auch sind, so einfach ist der verwendete Schnitt. Von der Gröbenzeller Quiltgruppe ließen sich Traudl Sailer, Monika Modersitzki und ich davon anregen, selber für unsere Ausstellung Kaftane zu nähen. Wir wollten nur vorhandene Stoffe verwenden und den prächtigen Vorbildern folgend, möglichst nur Seide. Bei unseren Arbeitstreffen wechselten je nach Entwurf die Stoffe hin und her. Vor allem Traudl verfügt über ein unbegrenztes Lager, das sie großzügig zur Verfügung stellte.
Mir hatte es besonders das çintamani-Motiv angetan. Spannend fand ich bei meinen Recherchen, daß der „Halbmond” gar kein islamisches Motiv ist, sondern zusammen mit der Seide aus China kommt und vermutlich buddhistischer Herkunft ist.
Auch in der Türkei gibt es kalte Winter und manche Kaftane waren gequiltet, allerdings immer nur in parallelen Längsstreifen. Damit entfiel schon mal jede Idee von aufwendigeren Quiltmustern.
Die Kaftane wurden mit Knöpfen und Schlingen oder Kordeln, oft in aufwendigen Tressen, verschlossen. Knopflöcher wurden nicht benutzt.
Natürlich waren die Kaftane gefüttert, mit einem breiten Besatz an den Rändern. Das Futter mußte dekorativ sein, da es beim Sitzen im Schneidersitz aufblitzte.
Mein Kaftan sollte einen blauen Untergrund bekommen. Ausgehend von der Menge des vorhandenen blauen Stoffes (gechintzte BW von Traudl und Seide von einem alten Rock von mir), nähte ich beide möglichst stoffsparend in Streifen. Die letzten Streifen sind echtes Patchwork, sie entstanden aus den angefallenen Resten.
Das çintamani-Motiv habe ich aus roter und oranger Seide appliziert. Um die spitzen Ecken zu bewahren und da es sowieso kein Gebrauchsgegenstand ist, habe ich sie nur mit einem Geradstich knappkantig aufgenäht.
Als Verschluß wollte ich keine Tressen, sie hätten das çintamani-Design zerstört. Die Knöpfe sind mit Watte fest ausgestopfte Kugeln aus blauer Seide, die ich zwischen Futter und Oberstoff mitfaßte. Auch mit Reißverschlußfuß ging das nicht mehr auf der Nähmaschine, sondern nur noch mit der Hand. Die Schlingen sind ebenfalls Handarbeit aus Stickgarn, mit Knopflochstich umstochen.
Die Borte am Rand ist ein Stoff, den Traudl von einer israelischen Quilterin geschenkt bekam. Traudl hat ihn lange aufbewahrt und ich habe mich kaum getraut, in den schönen Stoff zu schneiden.
Für den Besatz am Futter habe ich nach langem mal wieder Y-Nähte verwendet, hier nicht nur im 90°Winkel wie bei rechteckigen Quilts.
Der Kaftan war im Rahmen der Ausstellung „Blick in den Orient” der Gröbenzeller Quiltgruppe letztes Jahr beim europäischen Patchworkmeeting im Elsaß zu sehen, dieses Jahr in Gröbenzell auf der 10. Gröbenzeller Quiltausstellung und auf der Textile Art in Berlin.
In Birmingham auf dem Festival of Quilts wurde er als Beitrag der deutschen Patchworkgilde in der Ausstellung „Diversity in Europe” gezeigt.