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Edeltraud Sailer

Interview: Gabriele Bach

Erstellt: 11.12.2021

Traudl ist mit Ende achtzig die Älteste in unserer Quiltgruppe und eine der Fleißigsten. Für jede unserer Quiltausstellungen hat sie zahlreiche schöne Quilts genäht.

 

Für unsere Ausstellung „Stoffschichten – Baumgeschichten“ in 2008 hat sie gleich drei Baumstämme genäht

baeume e sailer

Es geht das Gerücht, daß Traudl an einem besonderen Ort wohnt, wo der Tag 24 Stunden hat und die Nacht noch extra dazukommt. Als gelernte Schneiderin hilft sie uns gerne und oft mit ihrem Wissen weiter.

- Traudl, du nähst sehr gerne...

Nein, ich mache gerne Handarbeiten und habe versucht alle damit verbundenen Techniken zu erlernen, z.B.:

  • stricken
  • sticken, aber das kann ich nicht so gut
  • nähen
  • häkeln
  • filzen
  • Spitze klöppeln
  • Occhi
  • Teppich knüpfen

je nachdem in Kursen, aus Büchern oder von anderen.

- Deine Quilts sind aus vielen unterschiedlichen Stoffen genäht. Mir gefallen daran besonders die unterschiedlichen Stoffarten und -strukturen. Hast Du dafür die Reste vom Kleidung nähen genommen?

Ja, ich habe fast nur mit Resten Patchwork gemacht. Ganz selten habe ich Stoff extra dafür gekauft. Ich habe auch viele Reste geschenkt bekommen und die Stücke aus Stoffmusterkatalogen verwendet. Z.B. für diese Tasche oder diese:

- Wann hast Du mit Handarbeiten angefangen?

Ich konnte schon stricken und häkeln, bevor ich zur Schule kam. Meine Mutter hat es mir beigebracht.
Im Krieg habe ich gelernt aus Papierschnur Taschen herzustellen, heute bezeichnet man die Technik als Makramee. Ich habe viele Taschen gemacht und sie alle verschenkt.

- Traudl, du stammst aus Augsburg, hat Deine Familie dort im Textilviertel gearbeitet?

Nein, aber eine Tante von mir war Störschneiderin, Störschneiderinnen gingen von Haus zu Haus und haben dort genäht was gerade anfiel.

- Du bist gelernte Schneiderin?

Eigentlich wollte ich eine kaufmännische Lehre machen, aber die Ausbildung kostete Schulgeld. Ich habe dann ein soziales Jahr in einer Firma gemacht mit dem Versprechen hinterher nichts für die kaufmännische Ausbildung zahlen zu müssen. Aber das hat nicht geklappt. Meine Mutter hat daraufhin eine Lehrstelle für mich gesucht und eine bei einem Herrenschneider gefunden. Ich hätte viel lieber Damenschneiderin gelernt.
Aber ich war gut bei der Arbeit und habe nach dem Lehrabschluß als Gesellin noch einmal 1½ Jahre als Altlehrling bei einer Damenschneiderin gelernt. Beim Aufräumen letztens habe ich mein Gesellenstück in der Damenschneiderei gefunden.

Es ist ein Rock, an dem sehr viele Arten von Verschlüssen eingenäht sind, sehr sauber und präzise.

Danach wollte ich gerne in die Schweiz gehen. Dort sollte ich aber auch Kenntnisse im Zuschnitt haben, das hatte ich bisher noch nicht gelernt. Also habe ich noch einen Kurs für Zuschneidetechnik gemacht.

Traudl hat regelmäßig Kleidung für ihren Mann und ihre Kinder selbst genäht und gestrickt. Zum Stricken benutzte sie eine Knittax-Strickmaschine, die sie über ihre Schwester vom Großhandel Woll Schäfer in Augsburg bekam.
Als im ehemaligen Augsburger Textilviertel das TIM (Textilindustrmuseum Augsburg) eingerichtet wurde, gab Traudl die Strickmaschine dorthin als Ausstellungsstück. Das Museum hat sich sehr gefreut eine alte, immer noch funktionierende Strickmaschine zu bekommen.

prinzenkaftan e sailer

- Welche Handarbeitstechnik machst du am liebsten?

Stricken, das kann man so schön nebenbei machen.
Patchwork mach ich auch sehr gerne, aber es braucht viel mehr Aufmerksamkeit.

- Wann und wie bist Du zum Patchwork gekommen?

Ich habe an dem ersten Patchworkkurs 1979/80 von Irene Kahmann teilgenommen. Eine Nachbarin hat mir davon erzählt und wir hofften da noch etwas Neues zu lernen.
Aber damals wurden Quilts komplett von Hand genäht. Ich habe Irene Kahmann gefragt, ob sie denkt, ich könnte mit der Nähmaschine keine gerade Naht nähen?

scheherazade e sailer

- Wann bist du Mitglied der Gröbenzeller Quiltgruppe geworden?

Als die Quiltgruppe ihre Reise nach Israel 1996 plante.

- Was bedeutet Dir die Gemeinschaft der Gröbenzeller Quiltgruppe?

Sehr viel, in keinem anderen Verein haben sich so enge Kontakte ergeben. Z.B. sind wir gemeinsam zu allen Quilt Expos in Europa gereist.
Ich nähe lieber Quilts, die man auch benutzen kann. Künstlerische Quilts, die man nur an die Wand hängen kann, sind nicht so meins.
Fast alle meiner Quilts habe ich verschenkt und nur zwei verkauft. Natürlich schmücken auch einige ihre Wohnung.

Traudl hat noch reichlich Ideen für weitere Quilts, hoffentlich wird sie davon noch viele verwirklichen können.

Für mich ist nach diesem Gespräch jedenfalls ganz klar, Patchwork ist DER Jungbrunnen!